Landsitz Lohn, das Gästehaus des Bundesrates
Es ist mir unbekannt, wer da im Hintergrund ein gutes Wort eingelegt hat, dass Christian Rupp zusammen mit Katalin Littmann es fertig brachten, für uns eine ausserordentliche Führung in diesem Landsitz zu buchen. Gemäss Schenkungsurkunde von anno 1942 sind zwar öffentliche Führungen eine Verpflichtung. Diese finden aber nur an vier bestimmten Tagen im Jahr statt. Dann ist natürlich grosser Andrang.
Zu einem feinen Mittagessen im Restaurant Brunello fanden sich über 30 Teilnehmer ein. Immer wieder eine überraschende Zusammensetzung, aber viele Stammgäste, worüber wir uns wirklich freuen. Die Bedienung war auf unseren Besuch vorbereitet und der Pizzaiolo legte innert kürzester Zeit seine feinen Fladen vor, die er im Feuerofen buk.
En Guete!
Inzwischen trafen auch weitere Teilnehmer vor dem Tor des Landsitzes ein, wo wir auf Einlass warten mussten. Das Gästehaus mit dem wunderschönen Park ist ringsum mit hohem Zaun und Hecken (fast) hermetisch abgeschottet.
Um Punkt 14 Uhr empfingen uns Frau M. Bilfinger, Kunsthistorikerin und Herr Lötscher, der Schlossherr sozusagen, am Tor. Wir bekamen zuerst einmal etwas von der Geschichte des Landsitzes zu hören. Sie ist übrigens in verschiedenen Artikeln unter dem Suchbegriff “landsitz lohn kehrsatz” im Internet zu finden.
Im Schatten der uralten Allebäume wanderten wir dann gemächlich zum Eingang. Eine prunkvolle Fassade mit dem Wappen der von Tscharners im Giebel.
Zwei Stockwerke mit je etwa 5 Zimmern. Im Parterre die Empfangsräume, der Salon und die Küche, im zweiten Geschoss die Schlafräume – die zwar heute nicht mehr gebraucht werden.
Der Salon. Das Mobiliar stamme noch hauptsächlich von der letzten Besitzerfamilie Welti. Es gibt unzählige originale Kunstwerke von berühmten Malern, die hier ein und aus gingen.
Es gibt wirklich in jedem Raum Dinge zu bestaunen, von denen wir nur träumen können.
Der Ausblick auf den formalen Garten geht in die Richtung zur Durchgangsstrasse (früher natürlich von Bern nach Thun), von wo aus die Vorübergehenden den Reichtum und die Anlage bewundern konnten. Da war auch der Grund, warum der Landsitz für uns heutigen eigentlich verkehrtherum gebaut wurde!
Auch die grosse Küche ist in einem der Räume untergebracht. Es finden schliesslich mehrmals im Jahr Bankette und Dinner bis zu 40 Personen statt.
Wir steigen die Treppe hoch zum oberen Geschoss, wo die Schlafzimmer untergebracht sind. Übrigens sind alle Blumenarrangements von einer Künstlerin in Floristik ausschliesslich für unseren Besuch hergestellt worden, was wir sehr zu schätzen wussten. Im Treppenhaus hängt ein Hodler!
Die stilvoll gestalteten Schlafzimmer.
Hier erwischte ich per Zufall auch den Fotografen, was man eigentlich tunlichst vermeiden sollte. Aber er hat halt eine Spiegelreflex, darum ist es erklärbar. Spiegel gab es viele, Uhren auch!
Schliesslich fanden wir uns alle im grossen Esssaal ein, der später als Erweiterung auf der Südseite gegen die Oekonomie hin gebaut wurde, verbunden mit einem Verbindungsgang – heute Skyway – zum Haupthaus und natürlich zur Küche! Dort erzählte uns Frau Bilfinger zum Schluss die tragische Geschichte einer der letzten Besitzerinnen dieses Landgutes, Lydia Welti. Ihr Bild, eine Frau in weissem Kleid in einem Garten, sei selbstverständlich im Hause, zusammen mit dem Bild ihres Liebhabers Karl Stauffers, dem Kunstmaler. Ich kann nur hoffen, dass nach Kenntnis dieser Geschichte es in diesem Gebäude nicht spukt!
Mit grossem Applaus bedankten wir uns bei den Führungspersonen und genossen dann noch den Garten und die Aussicht vom Park aus auf den Flugplatz Bern/Belp und in die in leichtem Dunst gerade noch erkennbaren Alpen des Berner Oberlandes. Im Vordergrund ist noch das Bauerngut zu sehen, das früher die Schlossbewohner mit allen nötigen Lebensmitteln versorgte. Heute ist das Landwirtschaftsgut verkauft und von einem Pächter bewirtschaftet.
Dann schliesst der Schlossherr die roten Fensterläden und der Landsitz fällt so quasi wieder in einen Dornröschenschlaf – bis der nächste Staatsanlass eine ganze grosse Schar von Personal, Sicherheitskräften, hohe Gäste mit ihrer Entourage und natürlich der Bundesrat, Leben in das Haus bringen.
Die Teilnehmer tröpfeln einzeln ab nach Hause; den Schlusspunkt habe ich jedenfalls verpasst. Auf dem Chäsitzer Bahnhof treffe ich noch eine kleine Gruppe, die auf den Zug warten.
Nein, nicht auf den Extrazug, der jeweils die hohen Gäste mit ihrem Gefolge vom Flughafen Zürich oder Genf nach Kehrsatz bringt – nicht nach Bern! Dieser kleine Bahnhof sei einfacher zu sichern.
Tschou zäme und uf wiederluege bim nächschte Usflug mit em Bäre-Höck!
Liebe Grüsse
WillY