Leise Töne in Trachselwald
Den lange zum voraus ausverkauften Ausflug mit Führung im Zithermuseum hatte vor einiger Zeit Maja Petzold mit ihrem ausführlichen Magazin-Artikel “Eine Hanottere – schon gehört?” initiiert. Allerdings hat Trachselwald, das kleine Bauerndörfchen in den Hügeln bei Sumiswald noch andere Sehenswürdigkeiten zu bieten. Darum sind die fast 30 Bäre-Höckler und Zugewandte schon am sonnigen Vormittag des 25. Aprils aufgebrochen. Zug und Postauto brachten sie bis zum Schloss auf dem Hügel über dem Dorf.
Aus einem Artikel in Wikipedia kopiere ich hier aus der Geschichte des Schlosses, die uns Erwin Weigand kurz im Hof des Schlosses näher brachte:
“Trachselwald ist die einzige Burg, die oberhalb von Burgdorf im einst dicht von Burgen gesäumten Emmental erhalten geblieben ist. Der Name der zugehörigen Herrschaft wird erstmals 1131 erwähnt. Das Schloss gehörte im Spätmittelalter den Freiherren von Trachselwald, dann denjenigen von Rüti bei Lyssach und schliesslich denen von Sumiswald. Deren Geschick war mit jenem der Grafen von Neu-Kyburg verbunden: im Burgdorferkrieg 1383 musste Burkhard von Sumiswald das Schloss Trachselwald den bernischen Belagerern übergeben. 1408 verkaufte er Schloss und Herrschaft an Bern, das damit im Emmental erstmals oberhalb von Burgdorf Fuss fasste.
1528 wurde der Landvogtei der grösste Teil des Besitzes des aufgehobenen Klosters Trub zugeführt. Während des Schweizer Bauernkrieges wurde das Schloss aufgerüstet. In ihm wurde der am 19. Juni 1653 verhaftete Bauernführer Niklaus Leuenberger gefangen gehalten, bis er nach Bern gebracht wurde, wo man ihn am 27. August hinrichtete. 1798 plünderte die Bevölkerung das Schloss.
Das Schlossgut beherbergte von 1835 bis 1876 eine Armenerziehungsanstalt, für deren Gründung sich Albert Bitzius eingesetzt hatte. An ihre Stelle trat von 1892 bis 1928 die kantonale Zwangserziehungsanstalt für Jugendliche, zu deren Zöglingen u.a. der Volkskundler Emanuel Friedli und der Schriftsteller Carl Albert Loosli gehörten.”
Auf Erwins Empfehlung – aber auch Warnhinweise auf den engen Aufstieg – zwängten sich einige im Bergfried, dem eigentlichen Gefängnis und Wehrturm des Schlosses über eine wirklich schmale Wendeltreppe zur obersten Plattform hinauf. Unterwegs begegneten uns die Zellen, in der auch Niklaus Leuenberger eingesperrt worden war. Jedenfalls hörte man seine Stimme und seine Geschichte aus einem Lautsprecher. Erwin hat auch dazu einen Beitrag mit illustrativen Bildern verfasst. Leider nicht mehr zu finden.
Von oben blickten wir in die grünen Gräben und auf die Eggen des Emmentales . . .
. . . und auf die Kirche im Dorf, unsere nächste Station. Auch dort hat Erwin zur Baugeschichte und den Malereien im Innern seine Recherchen zusammen getragen, die er uns nun übermittelte.
Dann aber schlug es Zwölf Uhr und wir dislozierten in das nahegelegende einzige Gasthaus “Tanne”, wo wir zum Mittagessen bewirtet und ausgezeichnet verpflegt wurden.
Der Nachmittag war dann dem Zither-Kultur-Zentrum gerade gegenüber der “Tanne” gewidmet. Lorenz Mühlemann, der Leiter dieser einzigartigen Institution, empfing uns in einem der Räume mit einer Übersicht über die Geschichte und die verschiedenen Bauarten dieses leisen Saiteninstruments. Zu jedem Beispiel gab er auch eine Kostprobe. Wir spürten dabei seine Leidenschaft, die ihn seit 35 Jahren mit dieser Musik verbindet und antreibt. Sie wirkt ansteckend, macht neugierig und lässt erstaunen!
Hier spielt er auf einer selbst gebauten zweichörigen Zither, die der Urform, dem Häxeschyt, nachempfunden ist. Dort aber ist nur eine einzige Tonart spielbar. Die Melodie auf drei bis vier Saiten mit Griffbrett, die anderen als Akkord gestimmt. Dieser bestimmt denn auch die Eigenart der Musik, die damit gemacht werden kann, leise, melancholisch, von Herzen kommend, Herz und Seele berührend.
Nicht nur werden die Saiten gezupft, sie können auch mit einem Geigenbogen gestrichen werden. Auch diese Technik beherrscht Mühlemann meisterhaft.
Die Hanottere ist eine Halszither. Ein schönes Exemplar wird an der Wand vom Licht angestrahlt. Sieht aus wie eine Laute oder Mandoline. Das Zierbild ist jedoch auf der Rückseite des Instruments aufgemalt. Fast ein wenig schade, da man es beim Spielen nicht sieht.
In einem anderen Raum, wo eine grosse Anzahl der über 100 gesammelten Instrumente an den Wänden und in den Vitrinen ausgestellt sind, führte uns Lorenz Mühlemann dann verschiedene Typen und Weisen vor und begeisterte uns über sein Wissen und Können.
Interessant ist, dass die anfangs des vorigen Jahrhunderts erfundene Akkord-Zither als eine Art Volksinstrument innert kurzer Zeit eine riesige Verbreitung fand. Einige erinnerten sich, auch eine solche Akkord-Zither bei Eltern oder Grosseltern erlebt zu haben. Wir finden sie übrigens noch heute – beispielsweise im Altersheim Münsingen übt und spielt eine kleine Gruppe regelmässig darauf!
Die “Bedienung” ist ja so einfach, dass jedermann nach einer Stunde bereits ein Musikstück spielen kann. Er zupft einfach die Töne, wie sie auf dem unter die Saiten unterlegten Notenblatt aufgezeichnet und beschriftet sind. Den Begleitakkord streichelt er mit dem linken Daumen gemäss angezeigter Nummer.
Später wurden dann mechanische Hilfen entwickelt, die mit Knopftasten oder wie hier oben mit einem Lochband die Saiten auf der Melodieseite anzupften. Links streicht der Daumen dazu den entsprechenden Akkord.
Dass diese Volksmusikbewegung die ganze Welt erfassen sollte, zeigt dieses Werbeplakat; Völker verbindend, Frieden stiftend, Harmonie fördernd.
Zuletzt ging es auch um die Frage, wie sich ein Hackbrett von der Zither unterscheidet. Ein Griff zu einem grossen Koffer in der Ecke und ein prächtiges Hackbrett wurde vor unseren Augen aufgestellt. Er hätte dieses aus Amerika eingeflogen, weil die Saiten quer liegen und so mit Stegen unterlegt seien, dass sogar Quinten gespielt werden könnten. Auch die Schlagtechnik sei anders als bei unseren Appenzeller Hackbrettern. Sprachs und spielte uns ein virtuoses Stück vor.
Ich habe mich nun enschlossen, die beiden Videoaufnahmen mit Tonbeispielen doch noch hier einzubetten, damit man ein Ohr voll dieser “leisen Töne von Trachselwald” nehmen kann.
Ich bewunderte vor allem die wundervolle Machart und das Deko der sog. Konzertzithern, mit denen man wie auf einem Klavier den vollen Umfang an Tönen erklingen lassen kann. Da genügt dann aber eine Stunde nicht, um diese Kunst bis zur Konzertreife zu lernen!
Die Zeit zu einem Rundgang durch die Ausstellung war zu kurz, um alle Hinweise und Beschriftungen studieren zu können. Die Vielfalt ist gross, die Faszination der Bauarten und Verzierungen ebenfalls.
Die zwei Stunden der Führung im Zithermuseum waren im Nu vorbei. Wer wollte, konnte sich mit CDs oder Literatur eindecken und natürlich Prospekte mitnehmen. Wir sollten kräftig die Werbetrommel rühren! Was ich mit diesem Bericht hoffentlich auch erfolgreich getan habe. Besuchszeiten und Infos sind auf der Homepage des Zither-Kultur-Zentrums (www.zither.ch) zu erkunden.
Bei leichtem Nieselregen warteten wir am Spätnachmittag auf das Postauto, das uns wieder an die Bahnlinie in die Welt und über diese zurück nach Bern brachte. Eine zufriedene Schar dankt allen, die an den Vorbereitungen und der Durchführung dieses Ausfluges beteiligt gewesen sind.
Wir sehen uns! Am Bäre-Höck oder beim nächsten Ausflug.
Liebe Grüsse
WillY
Text von seniorweb.ch kopiert und Bilder aus WillYs Fotowerkstatt neu eingefügt, 26.12.2014 WillY